Kommunale Wärmeplanung
Auf dieser Seite informieren wir Sie über die aktuellen Entwicklungen der Wärmeplanung, zum Erstellungsprozess, wesentlichen Meilensteinen und geben Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Auf dem Weg zur treibhausgasneutralen Wärmeversorgung

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Das Wärmeplanungsgesetz verpflichtet die Kommunen zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung, einem wichtige Planungsprozess zur treibhausgasneutralen, effizienten Wärmeversorgung. Es handelt sich um eine informelle Planung, die eine strategische Grundlage für die weiteren Umsetzungsmaßnahmen in Richtung einer Klimaneutralität darstellt.
Die Wärmeplanung gibt der Stadt die Möglichkeit, eine Strategie für die Transformation der Wärmeversorgung in Form eines ersten kommunalen Leitplans zu entwickeln. So sollen Empfehlungen für eine treibhausgasneutrale und zukunftsfähige Wärmeversorgung erarbeitet und die Wärmewende aktiv gestaltet werden. Die "Kommunale Wärmeplanung" entfaltet dabei noch keine Außenwirkung auf die einzelnen Immobilieneigentümer.

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Im Juni 2024 haben die Arbeiten zur Erstellung des Wärmeplans in enger Zusammenarbeit mit der Bocholter Energie und Wasserversorgung GmbH und einem externen Fachdienstleister begonnen.
Zunächst wurde ein Projektfahrplan ausgearbeitet, bei dem in einem ersten Schritt der aktuelle Wärmeverbrauch und die vorhandenen Wärmeinfrastrukturen im Stadtgebiet analysiert werden. Hierauf aufbauend wird eine Potentialanalyse für Erneuerbare Energien und Energieeinsparung durchgeführt.
Abschließend werden Strategien und Maßnahmen zur Senkung des Wärmebedarfs und zur Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung für die einzelnen Stadtgebiete entwickelt.
Der Wärmeplan trifft als strategisches, informelles Planungsinstrument noch keine verbindliche Aussage für einzelne Haushalte in Bezug auf eine kurzfristige Heizungsumstellung!
Die Kommunale Wärmeplanung verfolgt mehrere wichtige Ziele:
- Erhöhung der Energieeffizienz:
Durch den Einsatz moderner Technik und optimierter Prozesse soll der Energieverbrauch der Wärmeversorgung reduziert werden. - Förderung erneuerbarer Energien:
Die Nutzung erneuerbarer Energiequellen soll gesteigert werden, um den CO2-Ausstoß zu verringern. - Sicherung der Wärmeversorgung:
Eine stabile und bezahlbare Wärmeversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger steht im Mittelpunkt. - Einteilung in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete:
Verschiedene Gebiete der Gemeinde werden nach ihrer zukünftig wahrscheinlichen Wärmeversorgungsart (z. B. zentral, dezentral versorgt) eingeteilt und im Wärmeplan ausgewiesen.
Die Bestandsanalyse beschreibt den Status quo der Wärmeversorgung in der Stadt Bocholt. Sie bildet die Grundlage für die im nächsten Schritt geplante modellbasierte Fortschreibung der Entwicklung des Bocholter Wärmemarktes. Dazu wurden im Rahmen der Bestandsanalyse alle relevanten Daten über
- den derzeitigen Wärmebedarf oder Wärmeverbrauch innerhalb des beplanten Gebiets einschließlich der hierfür eingesetzten Energieträger,
- die vorhandene Wärmeerzeugungsanlagen und
- die für die Wärmeversorgung relevante Energieinfrastrukturanlagen
gesammelt, ausgewertet und visualisiert.
Der Endenergie- und der Wärmebedarf sind in Bocholt im Status quo ganz identisch strukturiert. Der Wärmebedarf liegt bei ca. 90 % des Endenergiebedarfes. Diese Kennzahl informiert über die Energieeffizienz aller in Bocholt eingesetzten Heizungssysteme. Der Endenergiebedarf wird zu mehr als 98 % aus fossilen Energieträgern, überwiegend Erdgas, gedeckt. Dies wird in der CO2-Bilanz deutlich.
Bocholt hat einen jährlichen Endenergiebedarf für Wärme von insgesamt 873 GWh. Bezogen auf die Einwohnerzahl liegt entspricht dies rund 11.000 kWh pro Einwohner. Der Endenergiebedarf liegt damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von gut 17.000 kWh pro Einwohner. Der daraus resultierende Wärmebedarf beträgt 800 GWh/a (ca. 90 %).
Wohngebäude nehmen den Großteil der Energie in Anspruch: Rund 63 % des Endenergiebedarfs entfällt auf diesen Bereich. Industrie und Gewerbe teilen sich die restlichen 37 %.
In Bocholt werden etwa 24.500 Gebäude beheizt, davon sind mehr als 90 % Wohngebäude. Die übrigen Gebäude umfassen Gewerbe-, Industrie- und öffentliche Bauten, die ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zum Energieverbrauch leisten. Der Bestand an Wohngebäuden ist relativ alt und überwiegend noch teil- oder unsaniert. Die Energieeffizienz dieser Gebäude entspricht mit einem Durchschnittswert von 120 kWh/m²/a exakt dem westdeutschen Durchschnitt.
Eine energetische Vollsanierung der Wohngebäude würde ein erhebliches Einsparpotenzial bieten: Bis zu 220 GWh könnten jährlich eingespart werden, würden alle Gebäude in der Stadt vollständig saniert und dabei eine mittlere Sanierungstiefe erreicht. Eine solche mittlere Sanierungstiefe berücksichtigt, dass die überwiegend alten Gebäude (mehr als 50 % wurden vor 1979 errichtet) nicht auf einen KfW-Standard 40 oder 55 ertüchtigt werden können.
Mit einer Vollsanierung aller Gebäude in Bocholt sind erhebliche Herausforderungen verbunden, wie hohe Investitionskosten und einhergehend hoher Finanzbedarf, inhomogene Eigentümerstruktur, logistische Komplexität sowie ein hoher Bedarf an qualifizierten Fachkräften. Diese Faktoren erschweren neben einer fehlenden gesetzlichen Verpflichtung die Realisierung einer Vollsanierung des gesamten Gebäudebestandes.
Der verbleibende Endenergiebedarf in Höhe von 870 GWh/a abzüglich der Energieeffizienzpotenziale durch Sanierung muss durch erneuerbare Energien (EE) oder industrielle, unvermeidbare Abwärme gedeckt werden.
Das theoretische Potenzial an EE und Abwärme liegt in Bocholt bei beeindruckenden 31 TWh pro Jahr. Dieses Potenzial übersteigt den derzeitigen Endenergiebedarf von 873 GWh um ein Vielfaches und zeigt die Möglichkeiten einer nachhaltigen Energieversorgung auf. Die Industrie in Bocholt hat großes Interesse geäußert, ihr Abwärmepotenzial von 22 GWh pro Jahr in Wärmenetze einzuspeisen. Es ist sinnvoll, die Realisierbarkeit solcher Wärmenetze genauer zu untersuchen, da potenzielle Herausforderungen wie Flächenverfügbarkeiten, Investitionskosten und Finanzierung, technologische Anforderungen sowie logistische Hindernisse berücksichtigt werden müssen.
Die Zahlen verdeutlichen das enorme Potenzial, welches Bocholt durch eine energetische Sanierung der Gebäude und die Nutzung erneuerbarer Energien ausschöpfen kann. Die Umsetzung der Transformation erfordert eine sorgfältige Planung. Die Grundlagen sollen in den nächsten Schritten im Prozess der Wärmeplanung gelegt werden.